Wenn wir Montagmorgen wie jede Woche die Schule betreten, ist es selbstverständlich, dass zum Beispiel der Unterricht um 8 Uhr beginnt, es in jeder Doppelstunde eine 5 min Pause gibt, dass unsere großen Pausen 20 min lang sind und so weiter und so weiter. Auch gehen wir mittlerweile ganz selbstverständlich ins CaTho, wenn wir mal unser Pausenbrot oder unser Getränk vergessen haben. Dort erhalten wir für wenig Geld etwas leckeres zu essen und zu trinken. Ähnlich verhält es sich doch auch mit dem ThomsLaden, man braucht keine Schweißausbrüche bekommen, weil man für die Klassenarbeit heute das Heft liegen gelassen hat, sondern kann sich auf die letzte Minute eins im ThomsLaden für wenig Geld besorgen. Doch was bzw. wer steckt eigentlich hinter diesen beiden, nicht aus unserem Schulalltag wegzudenkenden Organisationen?
Das CaTho
Unser Schulcafe CaTho hat seinen Ursprung in einer Politikunterrichtsstunde der damaligen Klasse von Frau Köhler, der 10n2. ( Ja, so nannte man die Klassen damals ;-)) Der Lehrplan schrieb vor, ein Wirtschaftsthema zu behandeln und im Zuge dessen schlug Frau Köhler ihren Schüler*innen vor, ein ganz besonderes Unterrichtsprojekt in Angriff zu nehmen. Die Idee dazu schlummerte schon lange Zeit in Ihr.
In der Schule meiner Töchter gab es damals ein Schulcafe. Ich fand es so gut, dass ich die Idee eines Cafe´s auch an unserer Schule umsetzten wollte. Darauf hin ging ich zum Schulleiter (damals Hr. Strasser) und schlug mein Vorhaben vor, doch leider war er der Meinung, dass man so etwas MODERNES nicht benötigt. Schade dachte ich mir und habe die Idee im Kopf behalten, vielleicht bietet sich ja nochmal die Chance.
Da war sie, meine Chance, denn ein paar Jahre weiter, die Schulleitung hatte gewechselt (Nachfolger Hr. Kaum), fand die Idee anklang. Nun konnte es losgehen. Wenn da bloß die Konkurrenz nicht wäre, ja du hast richtig gehört, damals stellte sich der Hausmeister auch gegen die Idee, weil er dachte sein Büdchen würde dann den Bach runtergehen. Wie heißt es so schön, die Konkurrenz belebt das Geschäft.
Telefonat Interview Frau Köhler 15.02.22
Sie nahm das Projekt mit ihrer Klasse in Angriff und alle waren begeistert dabei. Die Planung begann bereits im Jahr 2004. Der Hauptaspekt der dabei im Fokus stand, war weniger das Essen, vielmehr wollten die Schüler*innen mit dem Schulcafe einen Raum für Begegnung und Kommunikation schaffen. Der sowohl für Lehrer*innen als auch für Schüler*innen gedacht war. Als Gemeinschaftsraum, indem einfach alles stattfinden sollte, ein Austausch miteinander, Lernen, Hausaufgaben und vieles mehr.
Gesagt, getan, die Klasse teilte sich in fünf Gruppen auf, die sich auf verschiedene Aufgaben in den nächsten Wochen des Politikunterrichts fokussieren sollten:
- Die Finanzgruppe sollte herausfinden, welche Gründungsform für eine Schulfirma am besten ist, wie hoch das Startkapital sein muss und wie man dieses zusammen bekommen könnte.
- Die Personalgruppe beschäftigte sich mit den Fragen, wer im Schulcafe das Essen verkauft, wenn die meisten im Unterricht sitzen und wer alles bei einer Gründung eines Schulcafes beteiligt sein soll.
- Die Gestaltungsgruppe machte sich Gedanken darüber, welcher Raum in der Schule für das Cafe in Frage kommen könnte, welche Materialien für einen evtl. Umbau gebraucht werden würden und wie die Raumgestaltung aussehen sollte.
- Die Sponsoringgruppe machte sich auf die Suche nach Sponsoren, die sowohl beim Umbau des Raumes als auch bei der Finanzierung helfen sollten. Auch Spendengeber wurden gesucht.
- Die Gruppe für Werbung befasste sich mit der öffentlichen Arbeit und sollte dafür sorgen, dass die Schulleitung und alle anderen Leute, die was zu sagen hatten, von der Idee des Schulcafes überzeugt werden sollten.
So wurde beschlossen, dass das Schulcafe als eine Schüler*innen Aktiengesellschaft gegründet werden soll, also eine Gesellschaft, bei der jeder/e Aktien erwerben kann. Dadurch wird der/die Käufer*in zum/r Aktionär*in, also zum/r Anteilnehmer*in und besitzt somit einen Anteil der Firma. So konnte auch das nötige Startkapital gesammelt werden.
Zur Personalfrage während des Unterrichts sollten Mütter oder Väter gefragt werden, die Lust und Zeit hätten, einmal in der Woche für ein paar Stunden ehrenamtlich im Schulcafe auszuhelfen.
Zum Ort der Entstehung wurde der damalige Raum N003 auserkoren, der eine gute Lage und Grundausstattung in Bezug auf Wasser- und Stromanschlüssen hatte.
Fakt war jetzt musste noch so einiges passieren. Mobiliar, Küchengeräte, Elektrik, Fliesen usw. waren unabdinglich und so wurde nach Eltern und Kempener Unternehmen gesucht, die bei der Gestaltung des Raumes, das Aufbauen von Möbeln usw. helfen können und die bereit sind, mit der Schulfirma Verträge abzuschließen. Auch die Gruppe für Öffentlichkeitsarbeit hatte ganze Arbeit geleistet. Am 27. April 2005 war es dann soweit, der offizielle Gründungsvertrag der Firma konnte unterschrieben werden.
Ein Raum dachte ich mir, dass konnte doch wirklich nicht so schwer sein. Nach der Besichtigung einiger in Frage kommender Räumlichkeiten, entschied man sich am Ende für den damaligen Filmraum. Fragt jetzt lieber nicht, denn dieser Raum hatte in seiner Funktion schon länger ausgedient. Er war einfach nur schäbig.
Man muss sich mal vorstellen, damit dieser Raum genutzt werden durfte, musste eine Alternative dafür her.
Es kam zur Anschaffung mobiler Fernsehgeräte in Fernsehschränken auf Rollen (Hightech 2005 ;-))
Telefonat Interview Frau Köhler 15.02.22
Schon zu diesem Zeitpunkt wurde ein Wettbewerb gestartet, der hervorbringen sollte, unter welchem Namen und mit welchem Logo das Schulcafe nach den Sommerferien eröffnet werden sollte. Als Preis für diesen Wettbewerb war ein Gutschein für das Schulcafe angedacht.
Doch bis dahin musste noch einiges passieren…Die 500 Aktien der Schulfirma mussten verkauft werden (damaliger Erlös 2000 Euro), wobei der größte Teil der Förderverein mit 159 Aktien übernahm. Die Stadt Kempen regelte die Kosten für das Streichen und Fliesen des Raumes, im übrigen spendeten sie auch das Handwaschbecken das heute noch an Ort und Stelle hängt. Diverse Küchengeräte wurden der jungen Schulfirma geschenkt. So wie die Küche, die von Renkes Möbel aus Kempen gesponsort wurde. Stellt euch vor einer der zwei Kühlschränke wurde damals für einen Euro über Ebay gekauft . Mikrowelle, Herd und Spülmaschine wurden durch das Lehrpersonal gestellt. Das Geschirr und andere Haushaltsgegenstände kamen aus einer Haushaltsauflösung. Als Handelspartner für die junge Firma erklärte sich die Metzgerei Fander und die Bäckerei Weidenfeld bereit, wobei letzteres bis heute der Fall ist.
Eine kleine Hürde gab es noch zu überstehen, die Abnahme durch das Veterinäramt diese wurde aber ohne Komplikationen überstanden.
Nie im Leben hätte ich gedacht wie umständlich und kompliziert der Umgang mit Lebensmittel in Deutschland ist. Bis heute muss jeder ehrenamtliche Helfer*in im CaTho noch eine Schulung im Umgang mit Lebensmittel machen.
Telefonat Interview Frau Köhler 15.02.22
Damit alle auf den neusten Stand in Bezug der Geschäftsführung waren, gab es ein Seminar für alle Beteiligten der Projektklasse. Es fand sich ein engagierter Vater, der mit zwei der Schüler die CaTho Buchhaltung übernahm.
Nach den Sommerferien war es fast soweit, bis zum Schluss wurde tatkräftig von allen Seiten mitgeholfen, weshalb am 23. September 2005, einem Freitagabend, die feierliche Eröffnung des Schulcafes unter dem Namen CaTho stattfand. Der damalige Schulleiter Herr Kaum hielt die Eröffnungsrede und erklärte in einem Zug den Namen CaTho genauer und bedankte sich bei allen Unterstüzern.
Zwei Schüler*innen hielten noch eine ausführliche Danksagung im Anschluss, die jeden erwähnten, der an diesem großen Projekt beteiligt war. Zwei Tage nach der Eröffnung freuten sich alle, wie ihr Projekt zu einem festen Bestandteil des Schulalltages wurde.
Ein Jahr nach der Gründung musste Bilanz gezogen werden und es gab eine Versammlung für alle Aktionär*innen des CaThos. Dabei wurde schnell klar, dass das CaTho in diesem Jahr zu guten Umsatz gemacht hatte um Steuerfrei zu bleiben. Es musste eine Lösung her. Man entschied sich dafür einen Verein zu gründen. Dies geschah unter dem Namen CaTho Ev. mit Frau Köhler als Vereinsvorsitzende.
Seit dem gilt das CaTho als großer Veranstaltungsort, wo z.B. eine Koch- AG, Empfänge, Abendessen und vieles mehr stattfanden. Aber vor allem an Elternsprechtagen, Tag der offenen Tür, Nacht der Kultur oder anderen im Thomaeum stattfindenden Veranstaltungen ein Ort, an dem für das leibliche Wohl gesorgt worden ist.
Ich dachte schon ich komme wegen der Steuern in große Schwierigkeiten, ich sah mich schon hinter Gittern wegen Steuerhinterziehung. Gott sei Dank gab es dann schnell eine Lösung. Ein Glück für mich 😉
Telefonat Interview Frau Köhler 15.02.22
Im Jahr 2014/2015 als die Rente von Frau Köhler in Sicht war musste schon überlegt werden wie es mit dem CaTho weiter geht da Frau Köhler als Vereinsvorsitzende nicht fungieren konnte. Eine Änderung der Satzung des Fördervereins des Thomaeums ermöglichte es, dass vier Jahre später das CaTho unter dem Förderverein weiterlief.
Übrigens besaß das CaTho nicht von Anfang an die dschungelartige Bemalung an den Wänden, da diese nachträglich von Frau Wacker und Ihrem Kunst LK hinzugefügt wurde.
ThomsLaden
Beim ThomsLaden lief das Ganze ähnlich ab, wobei hier im Fokus stand, Schreibwarenartikel sowie ein Schul-T-Shirt erwerben zu können, dies sollte das Gemeinschaftsgefühl unter den Schüler*innen verstärken. Ebenfalls gestartet als Unterrichtsprojekt zum Thema Wirtschaft im Politikunterricht, diesmal in einer 8ten Klasse, wurde diese Schulfirma ebenfalls als Aktiengesellschaft gegründet, deren Aktien verkauft wurden.
Meine Vorstellung war ja zuerst, dass es in diesem Laden nur Textilien geben sollte, da ich wieder durch meine Töchter auf die Idee gebracht worden bin. Die kamen nämlich von einem Auslandsjahr wieder und trugen stolz wie Oskar die Schulshirts von dort. Ich habe mich gefragt, warum das nicht auch in Deutschland der Fall ist und wollte es daraufhin umsetzen. Die Idee mit den Schreibwaren kam ausschließlich von den Schüler*innen, was, wenn wir ehrlich sind auch mehr Anklang bei uns gefunden hat.
Telefonat Interview Frau Köhler 15.02.22
Die wichtige helfende Hand bei diesem Projekt war unser ehemaliger Hausmeister Herr Kleinofen, der mit viel Hingabe den Raum für ThomsLaden hergerichtet hat und gemeinsam mit den Schüler*innen die Möbel für den Raum zusammen suchte.
Nun wisst ihr, wie unsere beiden Schulfirmen, die einen entscheidenden Teil in unserem Schulalltag spielen, entstanden und gegründet worden sind. Aber der entscheidenste Faktor, der bei den Gründungen eine große Rolle spielte, war der Zusammenhalt, denn nur zusammen konnten so große Projekte entstehen.
Mein Lohn waren immer vor Freude strahlende Schüler*innen Augen!
Telefonat Interview Frau Köhler 15.02.22
Wir hoffen das beide Firmen uns noch lange erfreuen und erhalten bleiben.