Ein Rückblick auf St. Martin

Ihr habt es 2020 wahrscheinlich oft gehört: „In diesem Jahr ist alles anders.“ Dieser Satz wurde sicher auch im Bezug auf das letzte Martinsfest angewandt, denn Ende August war klar: Der Martinszug im Jahr 2020 fällt aus. Da man in den engen Gassen der Kempener Innenstadt den nötigen Abstand einfach nicht einhalten kann, fiel ein weiters Ereignis Corona zum Opfer. Kein bunter Zug aus hell leuchtenden Laternen, keine (schief) gesungenen Martinslieder, keine begeisterten Zuschauer*innen und kein abschließendes Feuerwerk. Das waren auf dem ersten Blick düstere Aussichten für unser Martinsfest. 

Doch auf den zweiten Blick war vielleicht im letzten Jahr doch nicht alles anders, denn der Martinsgedanke des Teilens und Helfens blieb derselbe wie in jedem Jahr und so ließen wir uns nicht unterkriegen und planten St. Martin so gut es eben ging. 

Zum einen gab es die alljährliche Spendensammelaktion unter der Leitung von Frau Wacker und Frau Bonzelet, bei der 87 Schüler*innen am Martinstag mit einer Spendendose Spenden für bedürftige Kinder und Jugendliche sammeln. Auch diesmal sollte das Projekt stattfinden, doch das Klingeln von Tür zu Tür war aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht möglich und so wurde ein Flyer entworfen, der in die Briefkästen Kempens geworfen wurde und um eine Spendenüberweisung bat. Die Sammler*innen hatten diesmal natürlich weniger Kontakt zu den hilfsbereiten Spender*innen, was schade war, doch so lernten sie auch die Vielfalt und Tücken der einheimischen Briefkästen kennen.

Das Geld wurde abermals für das Nazareths-Kinderdorf in Léogâne auf Haiti gesammelt, in dem 80 Mädchen im Alter von zwei bis zwölf Jahren leben, und trotz der schwierigen Umstände konnten insgesamt 6440€ gesammelt werden! Damit kann für die jüngeren Mädchen eine Außenbeleuchtung für das Gelände und für die älteren, die schon zur Schule gehen, ein Computer angeschafft werden. 

Zum Anderen musste auch eine Alternative zum alljährlichen Martinszug gefunden werden. Der Fackel-AG unter der Leitung von Herrn Hemkemeyer wurde schon früh bewusst, dass der St. Martinszug wahrscheinlich nicht stattfinden würde und entschloss sich zu einer gewagten Lösung: Sie wollten das Thomaeum selbst in eine Fackel verwandeln! 

von Jacob Fischer & Simon Sure

Schon vor den Sommerferien fing die Fackel-AG an sich zu überlegen, welche Alternativen es zu dem klassischen St. Martinszug geben könnte. Das Thomaeum sollte auf jeden Fall auch im Jahr 2020 eine spektakuläre Fackel kreieren. Als Grundlage dafür boten sich die Fenster des Altbaus an und so wurden Ideen gesammelt und Skizzen angefertigt. Der Plan war, und so erfolgte später auch die Umsetzung, die Innenseiten der Fenster wie eine Martinsfackel mit Transparentpapier zu bekleben und die sich so allmählich zusammensetzende, schulgroße Fackel durch die Lichter der Klassenräume im Dunkeln zu erleuchten. Herr Hemkemeyer legt bei den Matinsaktionen immer großen Wert darauf, dass das Projekt von den Schülern für die Leute und nicht ein geleitetes Projekt von den Lehrern ist, und so ließ er den Schüler*innen der Fackel-AG freie Hand, stand ihnen jedoch immer mit Rat und Tat zur Seite. Bei der Frage des Motivs fiel die Wahl dann auf eine Unterwasserwelt, in der alle möglichen Fischarten und mysteriöse Wesen aller Art ihren Platz fanden. Die Idee zu dieser Unterwasserwelt kam einem Mitglied der Theater-AG, Nele Laurenz, da sie selbst, wie sie mir erzählte, ein Aquarium hatte. Inspiration kann einen überall ereilen!

St. Martin streckt den Besuchern seine Hand entgegen
von Stefanie Senholdt

Auf dieser Unterwasserwelt schwamm St. Martin mit einem orangenen Rettungsboot, von Sonnenstrahlen umgeben und hielt seine helfende Hand in Richtung des Zuschauers. Die Hand zeichnete hier besonders die Tatsache aus, dass sie als 3D-Fackel, wie die üblichen großen Fackeln des Thomaeums, kreiert und an der Außenseite der Fenster angebracht wurde. So konnte der 2D-St. Martin tatsächlich seine 3D-Hand ausstrecken. Die Besucher*innen hatten die verschiedensten Theorien darüber, was diese Hand eigentlich war, und so kamen Ideen von einer Fischflosse bis zu einem Engelsflügel zusammen, doch die meisten erkannten es auch als die Geste, die sie eigentlich darstellen sollte: Die Hand des St. Martin. Der Fackel-AG war es sehr wichtig, dass auch St. Martin selbst in ihrem Kunstwerk integriert wurde, da die Menschen auch in diesem Jahr einen St. Martin verdienten. Mit der ausgestreckten Hand tritt seine Rolle als helfender St. Martin in den Vordergrund und greift den Gedanken des Teilens und Helfens, den das Martinsfest umgibt, wieder auf.

Die Planung dieser riesigen Fackel war gar nicht so einfach. Die Gestaltung der Fenster musste erst auf Papier gebracht werden, da vor allem bei den Sonnenstrahlen auf Präzision bei der Zusammensetzung geachtet werden musste. Schließlich sollte aus den zahlreichen bunt beklebten Fenstern am Ende eine einzige, große Fackel entstehen. Um dieses gewaltige Ziel also in die Tat umzusetzen, fertigte die Fackel-AG eine große Skizze mit einem Maßstab und einer Legende an und zeichneten so den ganzen Altbau maßstabsgetreu auf. „Es war eine Nervenaufgabe“, erzählte Nele mir, denn das Zeichnen dauerte lange und bevor die Fackel-AG richtig mit dem Basteln anfangen konnte, musste sie erst mehrere Freitage für diese Skizze opfern.

Die Fackel-AG bei der Arbeit
von Lena Kisker

Dann wurden die einzelnen Motive mit Transparentpapier geschaffen und nach und nach wurde unsere Schule damit beklebt. Einige Mitglieder der Fackel-AG kamen in der zweiten Herbstferienwoche jeden Tag in die Schule und arbeiteten an der Riesenfackel. Auch an dem Projekt beteiligt ware die unteren Klassen, die normalerweise mit ihren selbst gemachten Fackeln durch die Straßen ziehen. Sie bastelten die unterschiedlichsten kleinen Fische, die dann die obligatorischen Bewohner des Meeres wurden und die Fackel-AG investierte weitere Zeit und Mühe, indem sie die Fische in ihre zugeschnittenen Fensterteile einbastelte.

Zusätzlich zu dem verwandelten Altbau gab es noch zwei weitere Elemente: Eine Mülllaterne und eine Wasserfontäne, die, wie die Hände St.Martins, mit Lichterketten beleuchtet wurden. Die Mülllaterne griff auch noch das Problem der Umweltverschmutzung auf, leider ein wichtiger Aspekt, wenn es um das Meer geht.

Auch der Erweiterungsbau wurde zur Fackel
von Silja Meyer

Und dann konnten die Besucher*innen das Kunstwerk endlich sehen. Vom 10. bis zum 14. November 2020 wurde das Thomaeum zur Riesenfackel und die Leute konnten es, natürlich mit Masken und Abstandsregeln, an diesen Abenden bewundern. Die Lichter in den Klassenräumen wurden angemacht, das Meer, seine Bewohner und St. Martin leuchteten und die Besucher*innen konnten all dies staunend bewundern. Die Vielfalt und Einzigartigkeit der Motive konnten begeistern, denn vom kleinen bis zum großen Fisch oder Kraken, vom Taucher bis zur versteckten Among Us Figur, alles war dabei und man konnte sehen, dass der Kreativität keine Grenzen gesetzt waren. Durch die Zusammenarbeit von so vielen Schülern ist die Fackel am Ende ein tolles Gemeinschaftsprojekt geworden, aus kleinen Teilen ist eine riesige Fackel geworden.

von Clara Knuppertz

Die Fackel-AG ist froh, dass St. Martin trotz Corona nicht ausgefallen ist und sie ein Projekt auf die Beine stellen konnten. „Das Schönste war die Reaktion der Leute.“, sagte Nele dazu, „Sie haben sich so gefreut und nachdem wir so viel Zeit und Mühe in das Projekt investiert haben, war es toll das Ergebnis zu sehen.“ Vielleicht konnte auch der ein oder andere Besucher seine Sorgen durch diesen besonderen Anblick vergessen.

Es macht uns, als Schüler*innen des Thomaeums, stolz zu sehen, dass wir als Schulgemeinschaft trotz der Umstände im Sinne St. Martins den Menschen in und außerhalb Kempens eine Freude bereiten konnten, sei es durch den Bau einer großen Fackel oder durch das Bitten um Spenden. Das Thomaeum hat es auch im Jahr 2020 geschafft, die Botschaft St. Martins weiterleben zu lassen und wir hoffen, dass wir alle auch weiterhin unser Bestes geben werden, um sie nie zu vergessen.

von Stefanie Senholdt

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